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AutorenbildHannah

Gastbeitrag #1 Spendenkalender 2020

(Beitrag von 2020)


Im Voraus möchte ich darauf hinweisen, dass alle Gastbeiträge sehr individuell sind. Jeder Betroffene hat seine eigene Geschichte. Bezüglich Therapiemöglichkeiten und anderer medizinischer Aspekte sollte man sich also unbedingt mit den eigenen behandelnden Ärzten in Verbindung setzen.


Die Namen der Patienten wurden aus datenschutztechnischen Gründen abgeändert und pseudonymisiert.


Im Folgenden findet ihr den Gastbeitrag von Maria D., die ihre Geschichte mit der Welt teilen möchte. Vielen Dank dafür!


 

Maria D., 32 Jahre alt, seit 2011 verheiratet

- 2013 Erstdiagnose IPAH mit 26 Jahren (Mitteldruck bei Diagnose 59 – Vasoresponder)

- Aktuell stabil eingestellt mit Diltiazem, Eplerenon, Adcirca, Xarelto, Torem, Kalium und Magnesium.



Mein Name ist Maria D, seit 8 Jahren leide ich an IPAH.

Wie auch bei vielen anderen Patienten bekam ich zuerst viele Fehldiagnosen wegen der unspezifischen Symptome bei pulmonaler Hypertonie. 2013 wurde schließlich die Diagnose gestellt. Ich hatte schon immer den großen Wunsch schwanger zu werden, aber durch meine Erkrankung wurde mir die Entscheidung Mutter zu werden abgenommen. Immer wieder habe ich mit den Ärzten in der Spezialklinik Gespräche über eine mögliche Schwangerschaft geführt. Jedoch war der Schritt ins Riskante zu groß. Das war frustrierend, weil ich immer einen guten Draht zu Kindern hatte. Selbst keine Kinder bekommen zu können hat mich unendlich traurig gemacht. Und dann plötzlich wurde ich 2018 ungewollt schwanger. Vermutlich hatte ich es im Unterbewusstsein doch herausgefordert. Meine gesundheitliche Situation hätte sich durch die schwere Belastung zum Ende der Schwangerschaft extrem, bis hin zur Listung (also zur Lungentransplantation) verschlechtern können, da das Herz fast doppelt so viel Blut pumpen muss und auch die hormonelle Umstellung sehr belastend ist. Auch nach der Schwangerschaft besteht dieses Risiko noch immer, weil das Kind immer schwerer wird und man sehr aufpassen muss sich nicht zu überlasten. Nach mehreren Gesprächen und langer Überlegung, habe ich mich schließlich entschieden, das Baby zu behalten. Die Zeit danach war sehr aufregend und beängstigend zugleich. Aber trotz aller Angst war das Gefühl ein Leben in mir zu tragen wunderbar. Man hatte von Anfang an beschlossen das Baby in der 36. Schwangerschaftswoche

per Kaiserschnitt zu holen, da die Belastung in den letzten Wochen für meinen Körper zu hoch gewesen wäre. Die Schwangerschaft verlief glücklicherweise problemlos, es traten lediglich die üblichen Beschwerden wie Übelkeit auf. Die Frauenklinik führte engmaschige Kontrollen durch, um gesundheitliche Veränderungen frühestmöglich erkennen zu können. Während der Schwangerschaft durfte ich kein Eplerenon oder Torasemid nehmen, stattdessen nur Furosemid. Jedoch sprach ich auf das neue Medikament nicht so gut an, wie auf das vorherige. In den letzten Schwangerschaftswochen wurden meine Atemnot und die Wassereinlagerungen so stark, dass ich mich wöchentlich in der Frauen- und Thoraxklinik zur Kontrolluntersuchung vorstellen musste. In der Zeit war ich sehr erschöpft und mein Körper stand unter Dauerbelastung. Im April 2019 war es dann endlich soweit. Meine Angst war groß, weil ich nicht wusste, wie es mir nach der OP gehen wird, ob ich die Zeit danach gut überstehen würde. Doch die Sehnsucht meine Tochter endlich bald in den Armen halten zu dürfen war so überwältigend, dass es mir die Angst genommen hat. Der Kaiserschnitt an sich verlief sehr gut. Ich musste nach der Entbindung nur 4 Tage im Krankenhaus bleiben. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Am Anfang war ich sehr glücklich darüber so schnell mit ihr nach Hause gehen zu dürfen, jedoch ahnte ich nicht wie stark die Belastung zuhause sein würde. Als ich das erste Mal Windeln

wechselte, wurde mir bewusst, wie anstrengend alles mit iPAH sein würde. Schon diese alltägliche Handlung war für mich eine unglaubliche Belastung. Die kommenden Nächte habe ich sehr viel geweint, weil mir klar wurde, dass ich mich nicht alleine um sie kümmern kann. Ich machte und mache mir auch heute noch große Vorwürfe, weil ich sie nicht rund um die Uhr versorgen kann. Ich denke immer ich könnte doch noch mehr durchhalten und als Mutter für sie da sein. Aber im Endeffekt weiß ich, dass das unrealistisch ist, weil die Belastung zu groß ist. Trotzdem bricht es mir manchmal das Herz und ich weine, wenn ich sie nicht mehr in den Armen halten kann und sie meiner Mutter übergeben muss. Mit dieser Verzweiflung wurden auch meine Werte vorübergehend schlechter. Gott sei Dank war meine Mutter da und kam mir Tag und Nacht zur Hilfe. Und auch mein Mann half mir natürlich unter die Arme, wenn er zuhause sein konnte. Sobald ich nach der Geburt wieder auf das vorherige Medikament umgestellt werden konnte, wurden auch die Werte wieder besser. Jetzt sind schon fast 7 Monate vergangen. Mir und meiner Tochter geht es gut. Meine Werte schwanken ab und an leicht. Trotz allem bin ich froh, dass ich es ohne weitere Therapie geschafft habe und hoffe, dass es weiterhin so bleibt. Im Alltag muss ich sehr darauf achten, dass ich mich nicht zu sehr überanstrenge. Die nächtliche Ruhe ist extrem wichtig. Meine Mutter übernachtet extra bei uns und kümmert sich in der Nacht um die Kleine.

Ich kann den großen Wunsch Mutter zu werden sehr gut nachvollziehen. Trotzdem bitte ich alle mit Vorsicht an die Sache heranzugehen. Es erfordert gute Planung, Rücksprache mit den behandelnden Ärzten und gute gesundheitliche Voraussetzungen. Schon so ist die Anstrengung mit Baby im Alltag sehr groß, aber mit IPAH ist sie immens. Man braucht sehr viel Unterstützung. Ich durfte dieses große Glück erleben und hoffe, dass die Therapiemöglichkeiten irgendwann so weit sind, dass eine Schwangerschaft trotz PAH für alle möglich sein wird.


 

10 Fragen an Maria D.


1. Mit wie vielen Jahren wurde bei dir PAH diagnostiziert?


Mit 26 Jahren.


2. Wie hast du dich damals gefühlt, als du die Diagnose bekommen hast?


Schockiert, weil man solch eine schwere, seltene Erkrankung nicht erwartet. Zugleich aber auch

erleichtert, weil ich endlich wusste was ich hatte.


3. Sprichst du mit anderen Menschen über deine Erkrankung?


Eher mit meiner näheren Umgebung oder mit anderen Erkrankten.


4. Sprichst du oft mit deiner Familie darüber?


Ja, vor allem auch damit sie nachvollziehen können, warum ich manche Dinge nicht machen kann.


5. Wie oft begegnen dir Menschen mit Unverständnis?


Öfter mal. Vor allem auf Behinderten-Parkplätzen.

Weil man von einer Frau in meinem Alter vermutlich nicht erwartet, dass sie krank ist.


6. Fühlst du dich mit deiner Krankheit alleine?


Im Alltag oftmals. Weil es für die Mitmenschen nicht einfach nachzuvollziehen ist, wie schwer so eine „unsichtbare“ Erkrankung Betroffene belasten kann.


7. Hast du Kontakt zu anderen Menschen, die an PAH leiden?


Ja, auf Facebook und auch durch den PH e.V.


8. Was macht dir am meisten Angst?


Irgendwann durch die Erkrankung bettlägerig zu werden oder eine Lungentransplantation zu

benötigen. Vor allem wegen meiner Tochter. Ich würde sie so gerne wachsen sehen.


9. Welche Themen haben dich bisher im Verlauf der Erkrankung am meisten belastet?


Dass ich dachte, nie Mutter werden zu können. Und die begrenzte Medikationsmöglichkeit.


10. Hast du Angst, dass deine Kinder auch an PAH leiden könnten?


Nicht ständig. Aber ich werde immer ein Auge darauf haben. War auch schon beim Kardiologen mit der Kleinen


 


Vielen Dank für deine Offenheit, Maria!

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